Aber mit Waschbecken. Ein Selbstversuch. Teil 1.
Ich bin Autorin. Ich schreibe Liebesromane. Gerade ist einer in der Endphase. Mein Mann sagt, dass ich in so einer Phase unerträglich bin. Dabei ist er gerade auf einer Dienstreise. Er ist verschollen in Brasilien und bekommt meine Unerträglichkeit gar nicht mit. Weil wir nicht telefonieren. Weil nämlich die Internetverbindung der Horror ist. Und dann die Zeitverschiebung. Und eben die Endphase des Romans. Also spürt er höchstens, wie ich mich verrückt mache, weil ich will, dass der Roman phänomenal wird.
Außerdem riecht er mich nicht, weil er sich ja gerade auf einem anderen Kontinent befindet.
Wenn ihr jetzt denkt, dass ich es vor lauter Schreiben nicht ins Bad schaffe und inzwischen stinke wie ein Skunk, meine Fingernägel schwarze Ränder haben und das Schmalz aus meinen Ohren kommt – nö. Ich mache ganz was anderes. Und das heißt: Therapie. Selbsttherapie, um genau zu sein. Um noch genauer zu sein: Enormer Dusch- und Wannen-Entzug. Ich bin nämlich der größte Wasserjunkie unter der Sonne.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht täglich im Schwimmbad Bahnen ziehe. Oder, was romantischer und chlorfreier wäre, in einen naturbelassenen See springe, um dort den Fischen und Wasserflöhen Gesellschaft zu leisten. Ich dusche und bade, was das Zeug hält.
Aber ich habe keinen Waschzwang, darauf bestehe ich. Man weiß, wie das aussähe. In dem Fall würde ich mir tausendmal am Tag die Hände schrubben. Womöglich noch nach einem ganz bestimmten Protokoll. Und in der Abstellkammer würden sich die Seifen stapeln, weil ich Angst hätte, dass sie mir ausgeht. Aus demselben Grunde würde ich auch ständige neue Seife nachbestellen. Der nette Paketbote bringt aber bloß Bücher und einmal im Jahr ein Päckchen, in dem zwei 500-Gramm-Klötze original französische Lavendelseife drin sind.
Ich bin also eine etwas andere Art von Waschweib.
Und jetzt komme ich auch endlich auf den Punkt: Da ich in einer Schreib-Endphase irgendetwas tun muss, um mich zu beruhigen (zur Erinnerung: Mein Mann ist nicht da, den ich mit meiner Unerträglichkeit quälen könnte), starte ich ein Projekt.
Bis der neue Roman erscheint, wasche ich mich nur noch am Waschbecken.
Nur am Waschbecken waschen, so haben sich die Menschen früher sauber gehalten. Als es noch nicht die Unsitte gab, täglich mindestens einmal unter die Dusche zu springen, Haare waschen, gründlich von oben bis unten einschäumen, trockenrubbeln, eincremen, fönen, der ganze Reinlichkeitswahnzirkus halt.
Ein zivilisierter Mensch wie unsereiner kann sich doch überhaupt nicht mehr vorstellen, sich nur am Waschbecken zu waschen. Beim bloßen Gedanken daran fühlt man sich ja dreckig wie ein Schwein, das sich eben noch im Schlamm gesuhlt hat.
Dabei gab es sogar eine Zeit, als die Menschen nicht mal ein Waschbecken hatten. Dahin möchte ich nicht zurück.
Da ich morgens dringend unter die Dusche will und am Nachmittag ebenso dringend ein entspannendes Denkerbad nehmen möchte, wird mein Waschbecken-Projekt also folgende positive Effekte zeigen:
- Meine Ökobilanz verbessert sich, da ich die Wasserverschwendung aufgebe.
- Meine vor sich hin schrumpelnde Haut erholt sich.
- Wanne und Dusche bleiben von den Rückständen der Reinigungsmittel verschont, müssen also nicht geputzt werden, was
- nochmal gut ist für die Umwelt,
- Zeit spart und
- noch mehr Zeit spart, weil ich nicht mehr stundenlang in der Wanne herumliege.
- Mein Geist ist auch noch mit was anderem beschäftigt, als mit den marternden Gedanken an den wundervollen Roman, was ja ohnehin Sinn meines Projekts ist. Vermutlich wird der Geist sich irgendetwas ausdenken, das mein Projekt für hirnrissig erklärt. Aber damit wird er nicht durchkommen. Hoffentlich.
Eigentlich ist damit alles gesagt. Bleibt die Tat.
Bevor ich diesen Beitrag in den Computer gehackt habe, war ich am Waschbecken. Dort habe ich mich nach Art meiner Großmutter gewaschen. Mit Wasser, Seife und einem gelben Frottee-Waschhandschuh. Das werde ich, wie bereits erwähnt, so lange durchhalten, bis der neue Roman fertig ist.
Es ist auf jeden Fall anzunehmen, dass diese Wascherei am Waschbecken das endgültige Beenden des Romans beschleunigt. Samstag in einer Woche sollte es soweit sein. Ich werde berichten.
Mit sauberen Grüßen,
Eure Maja Keaton
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Zu Teil 2 meiner Artikelserie über mein Leben ohne Wanne und Dusche. Da geht es ums Waldbaden 🙂
So habe ich die ersten 18 Jahre meines Lebens gelebt. Ohne Dusche. Die ersten 8 Jahre sogar ohne Waschbecken. Da gab es in der Küche von den Großeltern einen Wasserhahn, der einsam aus der Wand hervorragte, eine Holzkiste darunter, in der alle Waschutensilien gelagert waren. Emaille-Edelstahlschüssel, Kernseife, Waschlappen. Was brauchte man mehr.
Im Sommer, wenn das Wetter passte, wurde im Hof die Zinkbadewanne aufgestellt, damit wir Kinder baden und planschen konnten. Ein pures Sommerhighlight damals.
Das waren übrigens die letzten Jahre in der DDR. Sprich 80er. Danach hat es trotzdem noch bis zur ersten eigenen Wohnung im Jahr 2021 bebraucht um die erste eigene Dusche genießen zu können. Bis heute dusche ich nicht täglich, dafür aber gern und wenn, dann ausgiebig.