Waldbaden statt Schaumbad

Wald

Ein Leben ohne Dusche und Wanne

Aber mit Waschbecken. Ein Selbstversuch. Teil 2.

Teil 1Teil 3)

Ich habe noch keine 24 Stunden ohne Dusch- und Badeorgie überstanden, da steh ich schon im Wald. Das kann kein Zufall sein. Zumal ich kürzlich erst einen Artikel über diesen „neuen“ Trend des Waldbadens gelesen habe. Will ich jetzt allen Ernstes waldbaden? Will ich in die grüne Pracht eintauchen, den erdigen Duft in all meine Poren eindringen lassen? Reinigt mich das?

Das ist ein Wald. Hier kann man Waldbaden. Aber wird man davon auch sauber?

Mein Blick schweift über das üppige Grün. Es stimmt: Man sieht wirklich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Überall Blätter, Gras, Büsche. Hellgrün, mittelgrün, dunkelgrün, grasgrün, gelbgrün … 50 Shades of Green. Aber ist das ganze Gestrüpp so sexy wie ein Wannenbad bei 42 Grad, in dem die Schaumbläschen mit einem Duft von tausendundeiner Nacht zerplatzen?

Ja, verdammt, meine nachmittäglichen Denker-Bäder fehlen mir. Man könnte es auch Entzug nennen. Es wäre also wirklich schön, wenn ich einen adäquaten Ersatz für meine etwas aus dem Ruder gelaufene Badeleidenschaft fände. Werde ich den hier finden, zwischen Grünzeug, in dem auch noch allerlei Käfervieh kreucht und fleucht? Und guckt euch das an: Schnecken schleimen sich einen Baumstamm hoch.

Lauter Schnecken kletter den Baum hoch. Gut, dass ich schneller bin als die.

Ja, ich gebe es zu, in der Endphase eines Romans bin ich möglicherweise wirklich etwas unerträglich. Da gehe ich mir sogar selber auf die Nerven. Dabei bin ich frisch gewaschen. Ehrlich, ich dufte genauso gut wie dieser Wald. Vermutlich sogar besser, denn nicht jeder Hundebesitzer, der hier seinen Waldi ausführt, trägt ihm den Köttel hinterher. Dabei habe ich zur vollständigen Reinigung gerade mal 3 Liter Wasser verbraucht. Mehr passt in mein Waschbecken nicht hinein. Ich habe abgemessen. Das ist deutlich weniger als in die Körperform-Spar-Wanne reingeht. 80 Liter sind es. Leider musste ich das Wasser eine Weile laufenlassen, bevor endlich das ersehnte heiße Wasser kam. Das muss ich aber auch, wenn ich duschen will, wobei man zwischen 30 und 40 Liter in den Ausguss laufen lässt. Damit erbraucht das Duschen unter unserer Dusche sicher eher die 40 Liter. Selbst wenn ich mich beeile und zum Einschäumen das Wasser abstelle. Das Problem ist die geizige Vermieterin.

Das Haus, in dem mein Roman-Endphasen-geschundener Mann und ich wohnen, ist so ein 70er-Jahre-Bau, an dem die Vermieterin nur dringend notwendige Reparaturen vornehmen lässt. Also wenn einem das Dach auf den Kopf fällt, die Heizung im tiefsten Winter wirklich gar nicht mehr geht oder die Versicherung die Hausratversicherung kündigen will, weil sich wild gewordene Fremde auf ein Lagerfeuerchen in unserem Wohnzimmer treffen, weil sich erstens die Haustür nicht mehr schließen lässt und zweitens die Heizung nicht geht.

Ihr merkt, mein Unterbewusstsein sucht gerade mit aller Macht Argumente für ein schönes, heißes, verschwenderisches und die Haut austrocknendes Wannenbad. Aber nicht mit mir.

Inzwischen bin ich so 50 Meter über den Waldweg gegangen. Langsam und achtsam. Und was entdeckt mein aufmerksames Auge? Guckt euch das an: Ein Pilz …


Dieses Ungetüm von einem Pilz wächst aus einem abgesägten Baumstamm.

Früher, vor meinem Ich-wasch-mich-nur-noch-wie-Oma-Versuch hätte ich gedacht: Gut, dass dieser Kaventsmann nicht zwischen meinen Zehen wächst. Doch heute, zu Anfang meines ersten Waldbads, denke ich nur: Wow! Wenn ich noch keinen Mann hätte, würde ich mich glatt in diesen Pilz verlieben. Aber ich küss ihn trotzdem nicht. Und ich umarme auch keine Bäume. Das tun die schon selber. Zum Beweis hab ich auch davon ein Foto gemacht.

Das sieht die Liebesroman-Autorin doch gern: Diese beiden Bäume sind zusammen aufgewachsen und alt geworden.

Mit sauberen Grüßen,

Eure Maja Keaton

***

Wenn ihr noch nicht genug habt von der Waschkolumne, dann geht’s hier weiter:

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Ein Leben ohne Dusche und Wanne

Aber mit Waschbecken. Ein Selbstversuch. Teil 1.

Ich bin Autorin. Ich schreibe Liebesromane. Gerade ist einer in der Endphase. Mein Mann sagt, dass ich in so einer Phase unerträglich bin. Dabei ist er gerade auf einer Dienstreise. Er ist verschollen in Brasilien und bekommt meine Unerträglichkeit gar nicht mit. Weil wir nicht telefonieren. Weil nämlich die Internetverbindung der Horror ist. Und dann die Zeitverschiebung. Und eben die Endphase des Romans. Also spürt er höchstens, wie ich mich verrückt mache, weil ich will, dass der Roman phänomenal wird.

Außerdem riecht er mich nicht, weil er sich ja gerade auf einem anderen Kontinent befindet.

Wenn ihr jetzt denkt, dass ich es vor lauter Schreiben nicht ins Bad schaffe und inzwischen stinke wie ein Skunk, meine Fingernägel schwarze Ränder haben und das Schmalz aus meinen Ohren kommt – nö. Ich mache ganz was anderes. Und das heißt: Therapie. Selbsttherapie, um genau zu sein. Um noch genauer zu sein: Enormer Dusch- und Wannen-Entzug. Ich bin nämlich der größte Wasserjunkie unter der Sonne.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht täglich im Schwimmbad Bahnen ziehe. Oder, was romantischer und chlorfreier wäre, in einen naturbelassenen See springe, um dort den Fischen und Wasserflöhen Gesellschaft zu leisten. Ich dusche und bade, was das Zeug hält.


Ja, das bin ich. Ein dusch- und badesüchtiges Weib. Doch damit ist jetzt Schluss. Zumindest für eine Woche.

Aber ich habe keinen Waschzwang, darauf bestehe ich. Man weiß, wie das aussähe. In dem Fall würde ich mir tausendmal am Tag die Hände schrubben. Womöglich noch nach einem ganz bestimmten Protokoll. Und in der Abstellkammer würden sich die Seifen stapeln, weil ich Angst hätte, dass sie mir ausgeht. Aus demselben Grunde würde ich auch ständige neue Seife nachbestellen. Der nette Paketbote bringt aber bloß Bücher und einmal im Jahr ein Päckchen, in dem zwei 500-Gramm-Klötze original französische Lavendelseife drin sind.

Ich bin also eine etwas andere Art von Waschweib.

Und jetzt komme ich auch endlich auf den Punkt: Da ich in einer Schreib-Endphase irgendetwas tun muss, um mich zu beruhigen (zur Erinnerung: Mein Mann ist nicht da, den ich mit meiner Unerträglichkeit quälen könnte), starte ich ein Projekt.

Bis der neue Roman erscheint, wasche ich mich nur noch am Waschbecken.

Nur am Waschbecken waschen, so haben sich die Menschen früher sauber gehalten. Als es noch nicht die Unsitte gab, täglich mindestens einmal unter die Dusche zu springen, Haare waschen, gründlich von oben bis unten einschäumen, trockenrubbeln, eincremen, fönen, der ganze Reinlichkeitswahnzirkus halt.

Ein zivilisierter Mensch wie unsereiner kann sich doch überhaupt nicht mehr vorstellen, sich nur am Waschbecken zu waschen. Beim bloßen Gedanken daran fühlt man sich ja dreckig wie ein Schwein, das sich eben noch im Schlamm gesuhlt hat.

Dabei gab es sogar eine Zeit, als die Menschen nicht mal ein Waschbecken hatten. Dahin möchte ich nicht zurück.

Die Ausstattung für das Waschen am Waschbecken
Die Ausstattung für das Waschen am Waschbecken.

Da ich morgens dringend unter die Dusche will und am Nachmittag ebenso dringend ein entspannendes Denkerbad nehmen möchte, wird mein Waschbecken-Projekt also folgende positive Effekte zeigen:

  1. Meine Ökobilanz verbessert sich, da ich die Wasserverschwendung aufgebe.
  2. Meine vor sich hin schrumpelnde Haut erholt sich.
  3. Wanne und Dusche bleiben von den Rückständen der Reinigungsmittel verschont, müssen also nicht geputzt werden, was
  4. nochmal gut ist für die Umwelt,
  5. Zeit spart und
  6. noch mehr Zeit spart, weil ich nicht mehr stundenlang in der Wanne herumliege.
  7. Mein Geist ist auch noch mit was anderem beschäftigt, als mit den marternden Gedanken an den wundervollen Roman, was ja ohnehin Sinn meines Projekts ist. Vermutlich wird der Geist sich irgendetwas ausdenken, das mein Projekt für hirnrissig erklärt. Aber damit wird er nicht durchkommen. Hoffentlich.

Eigentlich ist damit alles gesagt. Bleibt die Tat.

Bevor ich diesen Beitrag in den Computer gehackt habe, war ich am Waschbecken. Dort habe ich mich nach Art meiner Großmutter gewaschen. Mit Wasser, Seife und einem gelben Frottee-Waschhandschuh. Das werde ich, wie bereits erwähnt, so lange durchhalten, bis der neue Roman fertig ist.

Es ist auf jeden Fall anzunehmen, dass diese Wascherei am Waschbecken das endgültige Beenden des Romans beschleunigt. Samstag in einer Woche sollte es soweit sein. Ich werde berichten.

Mit sauberen Grüßen,
Eure Maja Keaton

***

Mehr zum neuen Roman

Zu Teil 2 meiner Artikelserie über mein Leben ohne Wanne und Dusche. Da geht es ums Waldbaden 🙂

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